Es gibt sie also schon, die
Nationalratskanditaten, die sich bei Twitter mitteilen und so den
Followern ermöglichen, an ihrem täglichen Leben teilzunehmen. Nur
was teilen die Politiker eigentlich mit? Wird wirklich Wahlkampf
betrieben? Oder kann man sogar so weit gehen und behaupten, dass die
Twitter-Accounts keinen Mehrwert bieten?
Ich bemühe ein weiteres Mal Lukas
Reimann als Beispiel, der vor vier Jahren überraschend als junger,
atypischer SVP-Kandidat in den Nationalrat gewählt wurde. Er wurde
durch den gesamten Online- und Printmedienblätterwald immer und
immer wieder erwähnt, insgesamt erreichte er 144 Nennungen in den
nationalen Medien und war so fast permanent präsent. Genau darum
wurde er auch in einer kürzlich erschienenen Wahlkampfanleitung
für Kanditaten als positives Beispiel
hervorgehoben. Nur wird darin nicht explizit darauf hingewiesen, dass
Reimann der aktivste Twitterer ist und am meisten Follower hat oder
sich sonst durch aussergewöhnliche Online-Tätigkeit hervorgetan
hätte. Viel mehr wird auf die Bedeutung von Diskussionen,
Standaktionen und ähnlichem hingewiesen, der Umgang mit Social Media
wird nur als einer
von 26 Erfolgsfaktoren genannt. Gut vorstellbar
scheint mir aber, dass er viele der erwähnten 144 Nennungen
erreichte, weil er online präsent ist und nicht weil er über diese
Kanäle Wahlkampf betreibt.
Es erweckt also schon den Anschein,
dass der Wahlkampf einerseits nicht wirklich auf Twitter stattfindet
und andererseits auch gar nicht wahlentscheidend ist. Vorwiegend
werden Links zu aktuellen Themen oder Veranstaltungen verbreitet, das
ist der primäre Verwendungszwecke von Twitter für Politiker.
Zwischendurch garniert mit einer persönlichen Mitteilung, die unter
Umständen aber gar nicht von allen verstanden wird.
So oder so, Twitter hat seine Vorteile,
es bietet schnelle Interaktionsmöglichkeiten mit Wählern, es wird
den Ausgang der Wahl aber kaum beeinflussen.
Zwar versteht man den Tweet von
Nationalratskandidat Cédric
Wermuth nicht, wo ich ihn jedoch verstehe und absolut seiner
Meinung bin, ist, wenn er im Rahmen von demokratie@home
bei einer Diskussion sagt: „Ich würde wetten, ich habe keinen
einzigen Wähler im Web gewonnen“. Genau so ist es, Wahlen werden
nach wie vor mit persönlichem Kontakt, konkreten Anliegen,
Unterschriftensammlungen und Podiumsdiskussionen gewonnen. Social
Media erleichtert danach immerhin die Kontaktaufnahme, gewinnt aber
(noch) keine Wahlen.
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